Obsorge
Was ist Obsorge?
Mit der Obsorge wird geregelt wer ein Kind pflegt, erzieht und wer sein Vermögen verwaltet. Es wird auch geregelt, wer das Kind in diesen Dingen rechtlich vertritt.
Obsorge für ein Kind können beide Eltern haben oder nur ein Elternteil. Es gibt die alleinige Obsorge, die gemeinsame Obsorge und die eingeschränkte Obsorge.
Allgemeine Infos zur Obsorge finden Sie hier:
⇛ Obsorge, österreich.gv.at
Was ist die alleinige Obsorge?
Alleinige Obsorge bedeutet, dass nur ein Elternteil die rechtliche Vertretung für das Kind hat.
Was gilt für das Elternteil mit der alleinigen Obsorge?
Dieses Elternteil muss
- das Kind pflegen
- das Kind erziehen
- das Vermögen vom Kind verwalten
- das Kind in allen Dingen vertreten
Was gilt für das Elternteil ohne Obsorge?
Das Elternteil ohne Obsorge darf am Leben des Kindes teilhaben. Das nennt man Kontaktrecht. Außer es gibt wichtige Gründe dagegen. Zum Beispiel Gewalt gegen das Kind.
Das Elternteil ohne Obsorge muss auch über wichtige Dinge vom Kind informiert werden. Das nennt man Informationsrecht. Zum Beispiel wenn man mit dem Kind umzieht oder in welche Schule das Kind gehen wird.
Mehr Infos zur alleinigen Obsorge finden Sie hier:
⇛ Alleinige Obsorge, österreich.gv.at
Was ist die gemeinsame Obsorge?
Gemeinsame Obsorge bedeutet, dass beide Eltern die rechtliche Verantwortung für das Kind haben. Die Eltern sollen dabei einvernehmlich vorgehen. Das bedeutet, dass die Eltern gut zusammenarbeiten und sich einig sind. Die Eltern müssen sich auch so verhalten, dass das Kind zum anderen Elternteil ein gutes Verhältnis haben kann.
Bei der gemeinsamen Obsorge kann das Kind von jedem Elternteil allein vertreten werden. Es gibt aber Ausnahmen. Zum Beispiel in diesen Fällen müssen beide Eltern einverstanden sein:
- wenn das Kind einen anderen Namen bekommen soll
- wenn das Kind einer Religion beitreten soll
Mehr Infos zur gemeinsamen Obsorge finden Sie hier:
⇛ Gemeinsame Obsorge, österreich.gv.at
Was ist die eingeschränkte Obsorge?
Eingeschränkte Obsorge bedeutet, dass ein Elternteil oder beide Eltern nur einen Teil der Verantwortung für das Kind haben.
Manchmal können sich Eltern oder ein Elternteil nicht so gut um alles kümmern. Zum Beispiel können sie nicht so gut mit Geld umgehen. Das wird dann von der Kinder- und Jugendhilfe übernommen.
Wann wird die Obsorge geregelt?
Die Obsorge wird mit der Geburt geregelt.
Was gilt wenn die Eltern bei der Geburt verheiratet sind?
Wenn die Eltern verheiratet sind, dann sind beide Eltern obsorgeberechtigt.
Was gilt wenn die Eltern bei der Geburt nicht verheiratet sind?
Wenn die Eltern nicht verheiratet sind, dann ist nur die Mutter obsorgeberechtigt. Wollen beide Eltern die gemeinsame Obsorge, dann kann man das beim Standesamt oder bei Gericht vereinbaren. Nur dann ist sie wirksam!
Was gilt bei Scheidung oder Trennung?
Wenn sich die Eltern scheiden lassen, gibt es für die Regelung der Obsorge drei Möglichkeiten:
- Die Eltern entscheiden: Die gemeinsame Obsorge bleibt aufrecht. Dann müssen die Eltern sich entscheiden wo das Kind hauptsächlich wohnen soll. Dort ist meist auch der Hauptwohnsitz vom Kind.
Das bedeutet: Das Kind muss bei dem Elternteil seinen Hauptwohnsitz haben, bei dem es hauptsächlich betreut wird. Auch wenn das Kind von beiden Eltern gleich betreut wird, muss der Hauptwohnsitz festgelegt werden. - Die Eltern entscheiden: Ein Elternteil übernimmt die alleinige Obsorge für das Kind.
- Die Eltern entscheiden: Ein Elternteil kümmert sich nur um bestimmte Bereiche der Obsorge.
Was ist ein Domizilelternteil?
Wenn die Eltern die gemeinsame Obsorge haben und getrennt leben, dann müssen sie sich darauf einigen, bei wem das Kind hauptsächlich wohnen soll. Dieses Elternteil heißt Domizilelternteil: Es bekommt das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Wohnsitzbestimmungsrecht.
Was ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht?
Sie haben die Obsorge? Dann haben Sie auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Sie können entscheiden:
- An welchen Orten sich das Kind aufhalten darf
- Wann und wie lange sich das Kind dort aufhalten darf.
Zum Beispiel bestimmen Sie,
- ob das Kind in den Kindergarten geht.
- ob das Kind eine Freundin oder einen Freund besuchen darf.
- ob das Kind einen Karate-Kurs besuchen darf.
- ob das Kind einen Nachmittag bei den Großeltern sein darf.
Was ist das Wohnsitzbestimmungsrecht?
Wenn Sie das Wohnsitzbestimmungsrecht haben, dann dürfen Sie
- den Wohnsitz von Ihrem Kind bestimmen
- im Inland umziehen
- oder den Wohnsitz ins Ausland verlegen.
Sie haben die alleinige Obsorge?
Dann haben Sie das Wohnsitzbestimmungsrecht. Das bedeutet: Sie können entscheiden, wo das Kind wohnt.
Sie haben die gemeinsame Obsorge? Und leben nicht in einer gemeinsamen Wohnung?
Das Kind lebt bei einem Elternteil und wird von ihm hauptsächlich betreut? Dann entscheidet dieses Elternteil über den Wohnort. Das andere Elternteil hat das Recht, vom Umzug zu erfahren. Es muss also rechtzeitig über die Pläne informiert werden.
Sie haben die gemeinsame Obsorge? Und leben in einer gemeinsamer Wohnung?
Dann entscheiden beide Elternteile einvernehmlich über den Wohnsitz. Einvernehmlich heißt: Beide sind einverstanden damit – es passt für beide Elternteile.
Ich will mit meinem Kind umziehen. Darf ich das?
Sie haben die Alleinige Obsorge?
Dann haben Sie das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Wohnsitzbestimmungsrecht. Das bedeutet:
- Sie können entscheiden, wo das Kind wohnt.
- Sie dürfen auch umziehen.
- Sie dürfen auch in das Ausland umziehen.
Wichtig!
Das andere Elternteil hat das Recht, vom Umzug zu erfahren. Es muss also rechtzeitig über die Pläne informiert werden.
Wenn das Kontaktrecht dadurch nicht stark eingeschränkt wird, dann können Sie auch ohne Zustimmung vom anderen Elternteil umziehen. Zum Beispiel wenn Sie innerhalb der gleichen Stadt umziehen wollen.
Sie haben die gemeinsame Obsorge? Und das Kind lebt hauptsächlich bei nur einem Elternteil?
Was gilt dann für das Elternteil wo das Kind hauptsächlich wohnt?
- Dieses Elternteil entscheidet über den Wohnort (wo es mit dem Kind lebt).
- Dieses Elternteil kann auch den Wohnort ins Ausland verlegen.
- Dieses Elternteil kann mit dem Kind umziehen, wenn das Kontaktrecht durch den Umzug nicht stark eingeschränkt wird. Zum Beispiel innerhalb der gleichen Stadt.
Was gilt für das andere Elternteil?
Das andere Elternteil hat das Recht, vom Umzug zu erfahren.
Das andere Elternteil darf auch zu Gericht gehen, wenn durch den Umzug das Kindeswohl gefährdet ist.
Das Gericht darf nicht darüber bestimmen, ob ein Elternteil umziehen darf. Aber das Gericht darf darüber entscheiden, was besser für das Kind ist:
- ob es besser für das Kind ist, mit dem einen Elternteil umzuziehen.
- ob es besser ist, beim anderen Elternteil zu leben.
Sie haben die gemeinsame Obsorge? Und leben in einer gemeinsamen Wohnung?
Dann dürfen Sie nur gemeinsam entscheiden,
- wo der Wohnsitz vom Kind ist.
- ob ein Elternteil mit dem Kind ins Ausland übersiedelt.
Wenn das andere Elternteil gegen den Umzug ist: Dann kann es bei Gericht einen Antrag auf Wohnsitzbestimmungsrecht stellen. Dann gibt es ein Pflegschaftsverfahren.
Was gilt bei Scheidung oder Trennung?
Wenn sich die Eltern scheiden lassen oder sich trennen: Dann muss zuerst entschieden werden, wo das Kind leben wird. Erst dann ist klar, ob Sie mit dem Kind umziehen dürfen.
Es ist noch nicht entschieden, wo das Kind leben wird? Und keiner hat die alleinige Obsorge? Dann müssen beide Elternteile einer Änderung des Wohnorts zustimmen. Oder das Gericht muss einen Umzug ins Ausland genehmigen.
Mehr Infos zu diesem Thema bekommen Sie hier:
⇛ Familienrecht, famrecht.at
⇛ Aufenthaltsbestimmungsrecht & mehr, familienrechtsinfo.at
Wichtig!
Das andere Elternteil muss weiterhin das Kontaktrecht ausüben können. Ein Umzug von Wien nach Vorarlberg schränkt das Kontaktrecht ein. Ein Umzug von Wien nach St. Pölten schränkt das Kontaktrecht nicht ein.
Mehr über das Kontaktrecht erfahren Sie in diesem Ratgeber im Kapitel Kontaktrecht.
Was kann ich tun, wenn das andere Elternteil mit dem Kind ins Ausland oder weit wegziehen will?
Das Elternteil, wo das Kind lebt, muss Sie früh genug über den Umzug informieren. Oft passiert es, dass das andere Elternteil erst nach dem Umzug informiert wird. Das nennt man Sorgerechtsbruch. Das andere Elternteil zieht ins Ausland und sagt es dem obsorgeberechtigten Elternteil nicht? Das kann als Kindesentführung gewertet werden.
Sie haben Sorge, dass der Umzug den Kontakt zum Kind sehr schwierig macht?
Dann können Sie einen Antrag auf Wohnortbestimmungsrecht bei Gericht stellen. Dann gibt es ein Pflegschaftsverfahren. Das Gericht darf nicht darüber bestimmen, ob das andere Elternteil umziehen darf.
Aber das Gericht darf darüber entscheiden, was besser für das Kind ist:
- dass es mit dem einen Elternteil umzieht.
- oder dass es beim anderen Elternteil lebt.
Was passiert, wenn sich die Eltern nicht über die Obsorge einigen können?
Die Eltern können sich nicht über die Obsorge einigen? Dann entscheidet das Gericht über die Obsorge. Jedes Elternteil kann auch jederzeit eine Neuregelung der Obsorge beantragen. Dafür müssen Sie aber wichtige Gründe sagen können.
Das zuständige Gericht in Ihrem Bundesland finden Sie :
⇛ Bezirks- und Landesgerichte in Österreich, justiz.gv.at
Kann man die Obsorge verlieren?
Ja. Wenn man sich nicht gut um das Kind kümmert, kann man die Obsorge verlieren. Dann hilft die Kinder- und Jugendhilfe. Die Kinder- und Jugendhilfe kann die Obsorge übernehmen. Zum Beispiel Pflegeeltern oder Großeltern.
Dafür muss die Kinder- und Jugendhilfe aber nachträglich einen Antrag bei Gericht stellen. Das Gericht entscheidet dann in einem Pflegschaftsverfahren über die Obsorge.
WICHTIG: Sind Sie oder Ihre Kinder von Gewalt – egal in welcher Form – betroffen? Wir raten Ihnen: Lassen Sie sich von professionellen Stellen helfen und beraten.
Eine Übersicht von Beratungsstellen, die bei Gewalt helfen, finden Sie hier:
⇛ Allgemeine Beratungstellen bei Gewalt, österreich.gv.at
Was kann ich tun, wenn mir die Obsorge weggenommen wird?
Wenn Ihnen die Obsorge entzogen wird, dann können Sie bei Gericht Einspruch erheben. Das können Sie mit oder ohne Anwalt/Anwältin machen. Sie müssen den Einspruch begründen. Das heißt: Sie müssen erklären: Warum war es falsch, dass man Ihnen die Obsorge weggenommen hat?
Klären Sie in einer rechtlichen Beratung ab, ob es Sinn macht, Einspruch zu erheben.
Haben Sie Sie Probleme mit der Kinder- und Jugendhilfe?
Dann können Sie sich an die Ombudsstellen der Kinder- und Jugendhilfe wenden. Eine Ombudsstelle hilft, wenn es Probleme gibt.
Hilfe bei Problemen gibt es auch bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft Österreich. Den richtigen Kontakt in Ihrem Bundesland finden Sie hier:
Kann ich die Obsorge abgeben?
Ja. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie können die Betreuung und Erziehung für Ihr Kind nicht mehr übernehmen: Dann können Sie die Obsorge abgeben.
- Sie können die Obsorge dem anderen Elternteil überlassen.
Dafür muss das andere Elternteil zustimmen. - Sie können auch der Kinder- und Jugendhilfe die Obsorge übergeben. Die muss sich dann um Erziehung und Betreuung kümmern.
Sie haben für das Kind trotzdem immer eine Verantwortung.
- Sie müssen für das Kind Unterhalt bezahlen.
- Das Kind hat auch ein Recht auf das Erbe, wenn Sie sterben.
Wo bekomme ich Beratung für Familienrecht?
Kostenlose rechtliche Auskünfte erhalten Sie am Amtstag bei jedem Bezirksgericht.
Anträge bei Gericht zu Obsorge, Kontaktrecht und Wohnortbestimmungsrecht können Sie auch bei den zuständigen Bezirksgerichten stellen:
⇛ Bezirks- und Landesgerichte in Österreich, justiz.gv.at
Weitere Beratungsstellen finden Sie hier:
⇛ Beratungsstellen, Familienberatungstellen Österreich
⇛ Beratungsstellen – Familien- und Scheidungsberatung bei Gericht, Bundeskanzleramt (Erstberatung bei Gericht)
⇛ Frauen beraten Frauen
⇛ Nanaya